Die Krux mit der Effizienz im indirekten Bereich

Die Effizienz ist der schnellste Weg ohne Umwege oder Ähnliches zum Ziel, Effektivität erreicht auch das Ziel, allerdings mit ein paar Umwegen.

Beides ist die Grundlage für jeden Mitarbeiter und jede Führungskraft bei der täglichen Prozessoptimierung, sowohl für das Schaffen des Kunden-Mehrwertes als auch für die wirtschaftliche Situation des Unternehmens.

Die Effizienz ist gerade jetzt wieder eine wichtige Führungsaufgabe, da es um die Reduktion von Fix-Kosten geht. Wie viele Personen sind notwendig, damit die Produkte für die Kunden hergestellt werden können? Wie viele sind als Backup notwendig und wie viele benötigt man für zukünftige Projekte? Wichtige Fragestellungen, die eine Kostentransparenz notwendig machen, eine Produkt- und Variantenkosten-Transparenz wäre die Kür.

Es gibt verschiedene Wege, effizienter zu werden: ein längerer Weg, der die Beteiligten einbindet und nachhaltig ist, so dass nach der Prozessphase alle in der Lage sind, eigenständig weiter zu arbeiten oder den anderen Weg: Entscheidungen klar formulieren, umsetzen, aufräumen und erst dann Prozesse stabilisieren. Ein Weg davon betrifft die eigene Komfortzone mutig zu sein, transparent und messbar.

Problem und Aufgabenstellungen:

Was sind die Problem- oder Aufgabenstellungen, wenn es um die Effizienz in den administrativen oder indirekten Bereichen geht? Was ist der Unterschied zu den direkten?

Die Beantwortung der letzten Frage ist die einfachste: die direkten, produzierenden Bereiche werden seit jeher stündlich, täglich, wöchentlich auf Effizienz getrimmt. Neben einer Stoppuhr sind Momentaufnahmen, Refa, Wertstrom und weitere etablierte Methoden im Einsatz. Der "Prozess" ist sehr gut über eine zweite Person beobachtbar und damit auch auswertbar. Die Schwachstellen können im Gegensatz zu den indirekten Prozessen einfacher erkannt werden. Die Rolle Beobachter ist anerkannt und etabliert. Bei einer guten Vorgehensweise werden die Mitarbeiter und Führungskräfte in solchen Analysen aktiv mit dem Ziel eingebunden, die eigenen Potentiale zu sehen.

Die Effizienz in den indirekten Prozessen hat drei Aufgabenstellungen, die bisher nicht einfach lösbar sind:

1. Die Akzeptanz der Betriebsräte zur Analyse der "Büro"-Jobs

2. Die Analyse der Prozesse in den indirekten Bereichen

3. Die persönliche Angst, verglichen und messbar zu werden

Zu 1)

Die Betriebsräte haben einen Anteil daran, wie und wo in den indirekten Prozessen Analysen zur Effizienzverbesserung gesucht und geholt werden. Im Gegensatz zu den direkten Bereichen, bei denen die Vorgehensweisen und Ergebnisse vorab mit dem BR besprochen werden und es dann los geht - nach meiner Erfahrung ohne Reibungsverluste - ist das komplett anders bei indirekten Prozessen. Wieso? Die persönliche Arbeitsleistung soll und darf nicht direkt gemessen werden, außer der BR hat in einer BV einer solche Vorgehensweise zugestimmt und der Datenschutz wird eingehalten. Das ist im direkten einfacher, da dort alles schon seit vielen Jahren geklärt und vereinbart ist und seit Jahren angewendet.

In den indirekten Prozessen ist es dann einfacher, wenn man sich an folgende Regeln hält: keine Hidden Agenda, kein Schätzen/Schätzwert, keine unklaren Vorgehensweisen, kein Ausgrenzen des BRs. Die Aufgabenstellung muss mit allen Beteiligten vereinbart worden sein, die Stakeholder - wie z. B. der BR – werden am besten zu allen Analysen eingeladen. Transparenz in der Vorgehensweise, im Doing und in dem Ergebnis sind der Schlüssel für die Effizienz.

 Zu 2)

Doch welche Prozesse sind in den indirekten Bereichen? Im Gegensatz zu den direkten, wo sich viele Prozesse alle 60 Sek. wiederholen, ist die Vielfalt der unterschiedlichen Prozesse in den indirekten Bereichen mannigfaltig. Wer kann sich noch genau daran erinnern, was er vor 2 Stunden konkret gemacht hat? Und wie lange was gedauert hat? Aus eigener Erfahrung glaubt man: sehr vieles, die Fakten haben jedoch immer dagegengesprochen.

Direkter Prozess = 1 Person

Indirekter Prozess = unbekannte Anzahl an Personen

Die Aufgabenstellung lautet: Wie viele Personen sind an einem Prozess beteiligt? Wie lange dauern die einzelnen (anonymisierten) Prozess-Bearbeitungen? Das ist aufwändig und die Bearbeitung sollte nie weniger als 2 Wochen betragen. Wieso? Es ist eine Stichprobe von 53 Wochen. Die 2 Wochen sind und waren aus meiner Erfahrung ausreichend, bezogen auf Aufwand/Nutzen. Die hier sinnvolle Vorgehensweise wird mit Nutzung der TSA (Tätigkeitsstruktur Analyse) durchgeführt und ist anonym. Der Betriebsrat wird durchgängig eingebunden.

Zu 3)

Im direkten Bereich ist es seit vielen Jahren erprobt und akzeptiert, dass Leistungen aufgenommen, visualisiert, besprochen und bearbeitet werden. Auch etabliert ist es, in Standards zu arbeiten, bedeutet z.B. alle "60 Sekunden" wird Schicht- und Personen unabhängig in dem gleichen Arbeitsablauf gearbeitet. In den indirekten Bereichen ist eine solche Arbeitsweise bisher wenig im Einsatz.

Was löst Ängste aus?

In Standards zu arbeiten, die persönliche Freiheit einzuschränken, vergleichbarer zu werden, die Leistungen über das Shopfloormanagement zu besprechen und nach Lösungen zu suchen, das löst Ängste aus.

Festzustellen, dass durch die Effizienzanalyse zu viele Personen an dem Prozess arbeiten und der Arbeitsplatz gefährdet ist. Gerade in diesem Punkt sind die methodischen Vorgehensweisen aus der systemischen Beratung sehr wichtig. Und zwar in dem Sinne, dass die Methoden und Vorgehensweisen ausschließlich das zu erreichende Ziel unterstützen, Klarheit erzeugen, Transparenz schaffen und konsequentes Handeln benötigen (angelehnt an GBT), welches im Shopfloormanagement täglich gemessen und verbessert wird.

Methodisch ist soweit alles beschrieben und klar, was fehlt? => Die Haltung und der klare Auftrag.

Die Haltung:

Wird eine Methode durchgeführt, die nur ein Placebo ist und eigentlich schon klar ist, dass Personen das Unternehmen verlassen müssen, dann ist eine solche Vorgehensweise nicht akzeptabel. Die Mitarbeiter müssen wissen, wofür und wie die Analysen gemacht werden. Sie dürfen und müssen eingebunden werden, insbesondere dann, wenn klar ist, dass Personen abgebaut werden. Die Richtigen finden, Freiwillige finden, Lösungen suchen, … sind hier die sinnvollen Schlagworte. Klar muss sein, dass dieser Prozess seine Zeit braucht.

Klarer Auftrag:

Mit dem klaren Auftrag ist auch formuliert und vereinbart, wie mit den Personen umgegangen wird, die „zu viel“ sind, die durch eine höhere Effizienz nicht mehr benötigt werden. Wichtig dabei ist, dass in einem solchen Rahmen geprüft werden muss, wie mit Altersnachfolge, Zukunftsprojekten, Effizienzteam usw. umgegangen wird. Können die freigesetzten Personen an anderer Stelle einen höheren Mehrwert im Unternehmen schaffen? Eine wichtige Frage. Und damit ist hoffentlich auch klar, dass ein solcher Arbeitsauftrag nicht mal eben so gemacht werden kann, sondern alle Stakeholder und deren Interessen angehört und in dem Auftrag integriert werden müssen.

Ein kritischer Weg, der enorme Risiken in sich birgt:

Grobe Abschätzung auf Basis vorliegender Zahlen, Festlegen der Höhe der freizusetzenden Personen, bekannt geben, umsetzen und dann schauen, wo es kracht und hängt.

Auch wenn der ein oder andere glaubt, so ist es nicht, in meiner Erfahrung habe ich genau eine solche Vorgehensweise verschiedene Male als Betroffener erlebt - oder im Nachgang.

Leider.

Eine solche Vorgehensweise hat das große Risiko, dass keine Klarheit darüber besteht, wo die Personen mit welcher Qualifikation in den Prozessen gearbeitet haben. Diese Personen sind durch die Vorgehensweise so eingeschüchtert, dass sie auch nichts mehr inhaltlich dazu beitragen, sondern alles tun, um nicht weiter aufzufallen. In einem speziellen Fall in meiner Vergangenheit war es so, dass das mittlere Management von jetzt auf gleich den Schreibtisch räumen musste und erst Jahre später die Einsicht im oberen Management war: die haben ja doch gearbeitet. Die Prozesse und die Effizienz sind alles andere als rund und gut, es muss gehandelt werden.

In einem solchen verbrannten Umfeld die Personen wieder zu aktivieren, das ging nur über eine klare nachvollziehbare Vorgehensweise. Die Effizienzen, die wir holen konnten, waren absolut sehenswert und weit über dem, was wir vorher gedacht hatten. Wieso? Weil wir mit den Menschen gearbeitet haben, und zwar für die Menschen, deren Prozesse und der Effizienz - im Sinne: Unternehmen und Kunden.

Ich wünsche Ihnen viel Freude bei dem Lesen meines Artikels.

Sie haben Fragen oder Anregungen, lassen Sie uns in einen Dialog kommen.

Ich freue mich auf ihre Kontaktaufnahme.

Herzlichst Ihr Jochen Kleh.